Kunst im Comoedienhaus

Anfang des Jahres war hier noch die Ausstellung „Aus dem Vollen schöpfen“ von Eva-Maria Utsch zu sehen, ihr folgte Annerose Brandes. Deren Ausstellung „augen-blicken“ war noch bis vergangenen Montag zu erleben. Nun also eine neue Ausstellung – dieses Mal von einem Künstler der Künstlervereinigung „Simplicius“.

Rainer Bergmann hat uns neun großformatige Werke der Jahre 2019 bis 2022 mitgebracht, deren Gemeinsamkeiten der Ausstellungstitel „Menschen und Orte“ herausstreicht. Es sind Werke, die einfach beindrucken – nicht nur durch ihre Größe und Farbigkeit, sondern auch durch die Motive. Dazu ist Ihr ganz persönlicher Hintergrund äußerst interessant und sicherlich aufschlussreich. Denn Herr Bergmann, meine sehr geehrten Damen und Herren, betreibt eine Beratungspraxis als Supervisor und Coach und neben diesem Beruf ein Atelier für Figurative Malerei.

Der 1955 in Goldbach Geborene befasst sich schon seit seiner Jugend mit philosophischen und kunstgeschichtlichen Fragestellungen. Mitte der 1980er Jahre war dann eine Zeit der intensiven Beschäftigung mit der Ikonenmalerei angesagt. Diese fand unter Anleitung eines orthodoxen Mönchs in Umbrien, also in Italien, statt. Danach verschrieb sich der Künstler ganz der Figurativen Malerei, zunächst als Hobby, seit 2014 dann im eigenen Atelier für Figurative Malerei in Goldbach.

Seine beiden Tätigkeiten als Supervisor/Coach und Künstler bedingen und befruchten einander: Das Erste, also die Tätigkeit als Supervisor, ist für Rainer Bergmann der Resonanzboden, wie er ihn nennt, für seine künstlerische Arbeit. In ihr setzt er Erfahrungen von Menschen mit ihren komplexen Themen, wie Identität, Beziehung und Veränderung, visuell um. Er wählt daher als Stilrichtung die Figuration, in der er eine reale Erfahrung oder eine Situation so fokussieren und gleichzeitig reduzieren kann, dass die in ihr liegende Kernaussage spürbar ist. Schauen wir uns seine Werke einmal näher an, so fällt seine Vorgehensweise noch mehr auf. Rainer Bergmann modelliert seine Bilder eigentlich wie Holzschnitte, in denen die Fläche vor der Linie dominiert.

Flächen, wie Boden, Himmel, Hintergründe, aber auch Häuserwände, nehmen großen Raum ein, in denen meistens Menschen agieren, in Beziehung zueinander sich befinden – oder halt auch nicht. Ein Beispiel für Letzteres: Obwohl sie auf dem Werk „The Break“ von 2022 miteinander agieren könnten, tun es die sitzenden Personen nicht, sie sind vielmehr in ihrer Pause mit sich selbst und ihren Handys beschäftigt. Es ist gleichsam eine Zeit des Ausruhens, des Nachdenkens und sich neu orientieren.

Auf dem Bild „Strategy“ trifft ein Mann mit einer Aktentasche auf eine Gruppe Schachspieler. Das 2019 in Barcelona entstandene Werk zeigt einen Lieblingsplatz des Künstlers in dieser Stadt. Das Spiel zieht sowohl Spieler und als auch zufällig vorbeikommende Passanten in seinen Bann. Es beginnt eine Interaktion, ein In-Beziehung-Treten der dargestellten Personen.

Ein anderer konkreter Ort ist Berlin. Aus dieser Stadt zeigt uns Rainer Bergmann eine „Häuserfassade“, entstanden in diesem Jahr nach einem Besuch im Regierungsviertel in Berlin. Jedes Gebäude dort erzählt eine Geschichte, die erst auf den zweiten Blick erkennbar ist.

Andere Werke, wie zum Beispiel „Feierabend“ oder „Die Beobachtung“, haben diesen konkreten Ort nicht. Hier entscheiden sich die Menschen irgendwann, Teil des Geschehens zu werden – oder auch nicht. So kreuzen sich, wie auf dem Bild „Under control“ von 2019, auf Märkten und Plätzen manchmal unsere Wege. Sie stehen damit auch für unsere Begegnungskultur.

Eine besondere Begegnung, nämlich mit dem Bauhaus und der daraus resultierenden Beschäftigung mit dem Triadischen Ballett von Oskar Schlemmer, verdankt die Arbeit „Tanz der Triaden“, 2021 entstanden, seine Existenz.

Ich wünsche der Ausstellung einen guten Verlauf und viele interessierte Besucherinnen und Besucher!

Mit herzlichen Grüßen

Ihre Beate Funck
Stadtverordnetenvorsteherin der Brüder-Grimm-Stadt Hanau